Der Tag des Herrn

Samstag Abend. Temperatur um die 20°. Ich sitze im Garten und bearbeite ein Partyfass Weißbier. John kommt herum und fragt mich, ob das Huarez-Kartell hinter mir her sei. Nein, sage ich, Huarez ist weit. Er gibt sich damit zufrieden. Fürs erste. Setzt sich hin und kippt einen halben Liter. Mit Schaum. Ergebnis vorhersehbar. Magenwinde entsteigen seinem Gesicht. Ich kratze mir den Hinterkopf. Verlegenheit und die ungewohnte Frisur. Hatte mal einen Husky. Tot. Seine Schermaschine ist noch da. Man könnte auch Schafe damit scheren. Ist für den Sommer besser. Und völlig geräuschlos. Sonnenbrand auf dem Kopf ist in doppelter Weise verdächtig. Im Frühling wegen der erwarteten Klimaerwärmung und überhaupt in Deutschland wegen des Rucks von Rechts. Ich weiß nicht: Chemo wäre vielleicht auch eine Erklärung, aber wer wägt solche Übel schon gegeneinander ab? Die Sonne scheint nicht auf alle mit der gleichen Kraft. Auf mich scheint sie immer. Irgendwie. Aber das ist eine andere Geschichte. John ist nervös. Immer noch. Wegen der Toten. Ich kann es verstehen. Nervlich gesehen ist der Frühling sensibel. Ich komme gerade von einer Rundfahrt zurück. Überall Leute auf den Straßen. Als nahe das Ende der Welt. Dabei endet gerade mal der Winter. Und das im Mai. Garten ist auch zu viel versprochen. Es ist eine Bank im Grünen, auf der wir sitzen. Dritter Liter. Gemeinsam werden wir es schaffen. John hält durch. Nur seine Nerven flattern. Warum Huarez? frage ich ihn. Weil sie hinter ihm her sind. Na, gut. Der Alkohol, die Drogen und der Wein. Und jetzt auch noch Paulaner. In der Sonne. Ich versuche, ihn zu beruhigen. Das kratzt einen Psychopathen nicht. Sie jagen ihn. Und wahrscheinlich auch mich. John, sage ich, John, beruhige dich. Er atmet tief durch. Atmet, atmet. Stöhnt, weint: Ich bin tot. Ich bin tot. Am nächsten Tag sah er aus wie einer der Saugpads in den Grillfleischpackungen. Unten unterm Steak. Die Gazeteile, die verhindern sollen, dass dem Kunden vor der Kühltruhe schlecht wird. Blut ist nicht für jeden stimulierend. Kaninchendraht um den Körper gewickelt, einbetoniert und in der Nordsee verklappt. Das ist die normale Methode. Hier wurde schlampig gearbeitet. Wahrscheinlich unter Zeitdruck. Ist wie in den letzten drei Minuten Matheklausur. Man tut, was man kann. Nicht das, was man sollte. John lag im Wald. auf einer Campingmatte. Selfinflating. Wirklich, sehr viel Ähnlichkeit mit einem Steak. Sonntag, der Tag des Herrn.