au-delà des étoiles

Die Russen haben Hubschrauber, USA und Korea haben die Bombe, China Weltraumraketen. Aber wir haben den Dom. Er ist, wo er hingehört, in Köln. 300 Meter daneben quirlt ein Hubschrauber die Luft um. Er steht auf der Stelle, 300 Meter über der Deutzer Brücke, die von rechts nach scheel zugeparkt ist - mit Einsatzfahrzeugen der Polizei. Die Stadt wimmelt von Bewaffneten. Hätten sie nicht diesen Spruch auf dem Rücken Po Li Zei, man könnte sie für Sicherheitskräfte eines Fußballstadions halten, oder für Biker. Durchtrainiert, rasiert und ausgeschlafen ist anders. Das angeranzte Schwarz der Westen wirkt auch nicht gerade schmeichelhaft. Manch ein Pfund Übergewicht zeugt vom Ausbildungsgrad einer Truppe, die wohl aus ganz NRW zusammen gezogen wurde.

AFD. Was da gefeiert wird, ist unklar. Ein Kioskbetreiber am Bahnsteig mutmaßt, es sei wohl eine Demo im Gang. Für was auch immer. Interessiert eh keinen. Von hinten haut mich einer um ne Mark an. Der Tarif steht zwischen einem und fünf Euro. Man kanns ja mal probieren. Wer nicht mal Flaschenpfand zur Verfügung hat, bekommt einen schönen Tag gewünscht in der Weise, die nach 24-Stunden-Fluch klingt. Als mich der eine von hinten anhaut, geht gerade einer der Paramilitärischen vorbei. Ich dachte ernsthaft, der Polizist hätte mich angebettelt. Mag auch sein, die Polizisten sind es selber, die demonstrieren. Für bessere Ausbildung, Ausrüstung und Hygiene.

Die Sonne kommt raus, der Zug fährt ein. Allerdings ein klein wenig über die vorausgesagte Linie. Die forsche Attacke zwingt den Tross aus Kofferträgern in Eilmärschen hinter den Rotaugen her. Als wir die letzte Tür erreichen, ballt sich dort eine Traube zusammen und die weiter hinten Stehenden erkennen mit Bange in der Form der Gepäckstücke die Wurzel des Übels: ein Orchester versucht, den Zug durch eine einzelne Tür zu entern. Das Gepäckfach hinter der Tür ist schnell mit Violoncelli überlastet, so dass wir nun in den schmalen Gängen des Thalys (soll ein holländischer Kunstname sein) Garnisonen von Anglophonen mit rollenden Kleiderschränken im Schlepptau begegnen. Der Thalys ist nicht gerade ein Platzwunder. 26 Mio Touristen jedes Jahr auf dem Weg nach Paris. Gefühlt alle in einem Zug.

Es geht durch Brüssel. Dort sehen Polizisten noch nach Polizisten aus. Es sind aber Fallschirmjäger. Ich dachte, in französischen Zügen wären die Toiletten sauber. Ach, richtig, Thalys ist ja ein Konsortium, vor allem mit Belgiern. Frankreich ist weniger Weg als Ziel. Doch endlich: Der Zug verursacht Schnaufgeräusche wie ein Taucher beim Druckausgleich. Wir sind am Gare du Nord. Dem zweiten Nordbahnhof nach Brüssel. Etwas über hundert Schwerbewaffnete, ein verwaistes Gepäckstück hält den Zugverkehr auf, in der FNAC-Buchhandlung Bombenkontrolle, nachts Explosionen auf der Straße. Wo sind wir? Richtig: Paris. Vorabend der Schicksalswahl. Liberté, Égalité, Fraternité. Der Franzose kann sich für eins von drei Extremen entscheiden: Korruption, Inkompetenz oder Östrogen-Chauvinismus. In der Vorwahl wird dann zunächst mal die Inkompetenz festgeklopft. Jetzt ist der Rest eine Genderfrage. Wenn man auf der Straße wen fragt, was er von der Wahl hält, interessiert es ihn nicht. Oder er weiß nichts davon. Es laufen auch keine Fernseher in den Bistros. Was mit Europa wird? Wer weiß.

Aber das Wetter ist herrlich. Besser als das überm Dom. Und die Straßen sind voll. Der Frühling brummt in den Straßen. Was kümmern die Übel der weiten Welt? ... car Paris est une fête. (Hemmingway)