a private eye

Der Wartesaal der kleinen Bahnstation von Martin Mill hat ein Gästebuch. Es dient wohl unter anderem auch dazu, die Southeastern davor zu warnen, das Kleinod an ihrer Bahnstrecke zu schließen. Hinter einer dicken Panzertür sitzt eine Bahnangestellte, die man rufen kann, wenn man mit dem Automaten unzufrieden ist. Und das ist man, Hand aufs Herz, sicher.

Im Saal herrscht Wohnzimmertemperatur. Dort steht ein Sofa, eine Kinderspielecke, eine kleine Ausstellung über den prominentesten Bewohner der Gegend, Ian Fleming und seinen Sohn James 007, Bond. Ein Teddybär fläzt sich auf dem Fensterbrett, und für den Wartenden liegen Zeitschriften bereit.

Nicht nur Zeitschriften. Dort liegen auch Bücher. Man kann in Martin Mill Station bookswappen. Unter anderem auch für die anstehende Fahrt. Nebenbei gemerkt: ist schon mal jemandem die Ähnlichkeit der Jaconda mit der Queen auf den Pfundnoten aufgefallen? Leonardos Gespiele lacht über Washingtons Versuch, die Welt mit einer Geheimgesellschaft zu verpestenDer Zug nach London braucht eine gute Stunde und fährt im internationalen Bahnhof ein. Mittendrin ist zwar anders, aber London-Tube ist ja auch eine Option. Kings Cross liegt vor der Nase des Ankömmlings aus Kent, und da beginnen die Probleme.

Wer in der U-Bahn nicht schwarz fahren will und das Oysterticket scheut, steht am Automaten in der Schlange. Wer dort steht und die Pariser Metro kennt, wird fluchen. Britische Schlangen sind eine Form der Desorganisation. Sie dienen niemand und nichts anderem als der Selbsterhaltung. Ein Flatterband hält den Pulk von Menschen zur Serpentine gefaltet zusammen. Menschen, die aus allen Ländern kommen, in denen es diese Attraktion nicht gibt. Kameras überwachen, wer sich an die Verabredung nicht hält. Personal sucht man vergeblich.

Also doch besser seinen Namen ins Gästebuch von Martin Mill eintragen? Hier schaltet sich der Fahrkartenautomat einfach ab, wenn er die Zeit für gekommen und den User für frustriert genug hält. Man hangelt sich durch einen Infogang, der es angeraten sein lässt, 4£60 für drei Stationen auf den Kopf zu hauen, sucht dann nach dem Bargeld-Button ... und schwupps, wird der Monitor dunkel: out of service.

Der Nachbarautomat kann gar nicht ohne Plastik, der Nachbar auch nicht, der dritte kann nicht ohne Oystercard, der vierte nicht, der fünfte. Und wenn man sich dann unter den Augen der Schlange von freiwerdendem Automat zu freiwerdendem Automat hangelt, wächst die Erkenntnis, dass man im Begriff steht, zwei Pints für einen dämlichen Beförderungschein zu opfern, der auf dem Rückweg nicht gültig ist. Also insgesamt vier.

Bei zwei Personen schon acht. Das gibt den AusschlagDie Oystercard gibt es übrigens auch mit NUR-Bus-Option. 5£ für den ganzen Tag und alle Strecken. Der nächste Pub ist schneller angesteuert, als sich der Automat vom Kingscross wieder hochfahren kann, und dort hockt bereits der halbe Stadtteil zum Mittagsbier. Und dort fährt auch der Bus ab, mit dem man zur London Bridge kommt, N°17.

Die zweite Etage im Stadtbus ist eindeutig die bessere Wahl in London, man sollte zur Sicherheit festes Schuhwerk tragen und vielleicht angeseilt die steile Treppe nach oben nehmen. Vor allem bei voller Fahrt so um Canada Waters herum ist die Achterbahn im Wurstelpark ein behäbiges Vergnügen gegen das Doppelstockabenteuer. Die Kanalfähre landet abgeschlagen auf Platz drei.

Doch zurück zum Gästebuch. Wenn man wieder in Martin Mill am Automaten steht oder als Wiederholungstäter auch zum x-ten Mal, hat man irgendwann auch die Logik der elektronischen Fahrkartenverkäufer verstanden. Was einen allerdings um das Vergnügen bringt, die Schalterkraft kennen zu lernen. Und wenn man die kennt, dann votet man eindeutig zur Erhaltung der menschlichen Servicestruktur.

Auszug aus dem Private-Eye-2000, unter anderem ausliegend auch at Martin Mill Station Lounge as cartoon about book-gifts: a man at a bookshop whilst winter regarding an announcement posted inside the shop-window:

Please remember: A book is not just for Christmas - meine Rede!