Verqualitätigt..

Ja, das war ein denkwürdiger Augenblick. Die Mitarbeiter gleich zweier Filialen in einem Raum, Verkaufsleiter(in) emotional wie nie verabschiedet sich von ihren Leuten, mit denen sie über so lange Zeit so gut zusammen gearbeitet hat. Der gesamte Umkreis erhält die Bestnote eins, denn die Steigerung der Umsätze kann sich sehen lassen. Discount ist längst nicht mehr, jetzt ist der Quantensprung in Sicht, doch eigentlich aus unternehmerischer Perspektive längst vollzogen. Was erwirtschaftet wird, ist viel mehr als das, was Zielsetzung war. Der Laden brummt. Und das nicht deshalb, weil man Superbenzin tankt, sondern weil das Mitarbeiter-Konzept und das Management für Frische, Qualität und Freundlichkeit aufgeht. So gut war [...] noch nie.

Ja, und um das zu dokumentieren, hat die Firma eine Werbeagentur beauftragt, und die hat neben einem Bündel von Werbefilmen auch einen Mitarbeiter-Motivations-Clip gedreht. Bumm, der hat es in sich. Man ist stolz, dabei zu sein. Nein: stolz, von Anfang an dabei gewesen zu sein, als es begann, aufwärts zu gehen. Doch, doch, da beißt die Maus keinen Faden ab, den Clip wollten alle noch mal sehen und wuchsen auf ihren Stühlen zu richtig großen Mitarbeitern heran. Als in der Werbung der eine - ich glaube, der mit dem Tattoo - der anderen still am Gang die Fünf gibt nach getaner Arbeit, da wissen alle, dass es jetzt über die nächste Hürde ganz noch oben geht.

Aber dann. Kommt das Haupt-Medienereignis, der TV-Werbeclip. Gedreht in acht Ländern mit Hunderten von Leuten, Pianoklänge an Bildschnitte mit und ohne Sahnehäubchen, wunderbar mit einer Ausnahme: dem zentralen Slogan, der das einstige Discounter-Schmuddelkind in einer ganzen Klasse von Neureichen Eliteschülern eindeutig identifiziert: Woran, fragt uns der Sprecher, erkennt man ... ehm ... gute Qualität?

Ich hab dann mal weggehört. Habe auch an den Spruch von den billigen Preisen gedacht und die Autos, die schnelle Geschwindigkeiten fahren und all die denkwürdigen Denker, die so bescheuert sind, dass man mit ihnen in Tautologien sprechen muss, weil sie weder Qualität ohne Anleitung erkennen, noch wissen, was das eigentlich ist, dieses Fremdwort im Gut-und-Schlecht-Kosmos, noch letztlich in der Lage sind, dieses neu erlernte Spektakel mit einem Firmennamen zu verbinden, es sei denn, man nagelte es ihnen auf die Stirn: GUTE QUALITÄT erkennt man daran, dass sie GUT ist ... für DICH, pardon: UNS. Uns was? Uns Firma?

Gute Qualität ist gut für uns Gute im Guten des guten Lebens mit all den Gütern, die so gut sind, dass wir sie nicht einmal mit falschen Werbeverbrechen zu belegen brauchen wie die, die ihren billigen Kaffee in einer stylischen Lounge trinken müssen, weil sie schlechte Qualität nicht von guter unterscheiden können und nur billige Preise haben statt billiger Werbesprüche. Und George Cloony, aber das zählt hier nicht. Schon haben wir wieder die Schlangen von Kunden an der Kasse, die echt gute Qualität daran ablesen, dass sie schließlich nicht blöd sind. Jetzt, kam dann die Frage, wie setzen wir das um?

Ja, denke ich ... wie nur? Eine Viertel Minute lang dachte ich, du arbeitest in einem Erfolgsunternehmen. Wenn auch ganz hinten im drittletzten Regal. Jetzt habe ich eine Kaffeetasse mit einem motivierenden Werbespruch drauf. Ist auch was.