Am Seilende

Bin zur Zeit mal aus der Welt. Um sich nicht selbst unnötig zu lokalisieren, möchte ich es mal so umschreiben: ich bin dairgendwo, Ende Juni 2015, wo mich mein Kupplungszug hinführt. Der hat nämlich die Angewohnheit, schon mal meine Fahrten nach eigenem Belieben zu unterbrechen, und dann sitzt man fest. Schalten ohne Kupplung ist kein Vergnügen auf einer 30-Jährigen ... Kaffeemühle. Ersatzteil muss her. Der Laden, in dem es Mopettteile gibt, wird von zwei Gesellen bewirtschaftet, deren Erscheinung aber sowas von ins Schema passt: Biker durch und durch. Wie zu erwarten, hatte der eine selbst mit sechzehn eine MTX, und der Kupplungszug kommt – wie immer – morgen.

Am Meer ist es schön. Am See auch. Segelboote zuhauf. Open day, open air, open sky. Eigentlich suchte ich eine Gelegenheit, in Ruhe meine Skizzen für Sibelius Schaf und seine Zeitbremse zu zeichnen. Die Gelegenheit ist also auf Umwegen gekommen. Steilvorlage liefern Freunde, einer besonders. Notgedrungen also Abhängen im Paradies, malen, was die Leinwand trägt, und abends, wenn nicht ungarische Weine leeren, dann den Baggersee beschwimmen.

Der erste Juli naht, M. hat seinen Entwurf für den Comicbuchpreis so eben auf Kante noch zusammen gefrickelt. So ein Kunststudium schlaucht. Da bleibt kaum Zeit fürs Malen. Man muss ein gutes Zeitmanagement haben. Meins übernimmt ja, wie erwähnt, die japanische Technik. Zen oder die Kunst, ein Motorrad zu warten – irgendwie fällt man immer in alte Bilder.

Mit Sibelius Schaf leiten wir entschlossen die nötigen Schritte ein, um das quantenmechanische Paradoxon der Zeit in den Griff zu kriegen. Den Formelapparat braucht man nicht unbedingt gesondert herzuleiten, denn das meiste ist ja ohnehin evident. Man muss es nur einmal klar ausformulieren. Das stand seit längerem an. Eine Freundin sagte ja in München schon, wenn du die G-U-T im Kopf hast (Grand Unified Theory: Vereinigung der beiden rivalisierenden Stränge Quantenmechanik und Relativitätstheorie – beide Theorien scheinen immer noch unvereinbar miteinander. Einstein merkte dies mit dem charmanten Spruch an: Gott würfelt nicht), dann schreib's mal auf!

Characterstudies zum wissenschaftstheoretischen Teil … die Originale stellen wir in die Galerie käuflich erwerblicher Kunst. Wer Interesse hat, kann für 250 Öcken so einen Skizz besitzen. 96 g/m² – A4 – säurefrei aus 100% Cellulose, signiert in Meerwasserblau.

Na gut, ich gebe es zu. In dem Standardwerk der theoretischen Physik wird es nicht NUR um Bowdenzüge und Mandelbrot gehen. Die wichtigsten Themen des Lebens schimmern ja doch immer mal wieder, ganz prosaisch gesagt, durchs Gestrüpp … Sundowner in der Arnoldstraße