nicht von hier

Sankei steht auf der Straße und weint bitterlich. Passanten werden auf das Kind aufmerksam und bleiben stehen, um Hilfe anzubieten. Ich muss nach Hause, heult Sankei. Da lässt sich nichts machen. Man muss ihn nach Hause bringen. Man fragt das Kind, wo es denn zu Hause ist. Die Antwort ist fast schon zu erwarten: das weiß Sankei nicht.

Sankei ist nicht hier zu Hause. Er kommt von einem anderen Planeten. Auch das sollte nicht stören, da ja auf diesem Planeten viele nicht von diesem Planeten sind. Zwei Polizisten kennen das Problem. Sie kommen wie gerufen, weil jemand sie gerufen hat. Das Kind da, das ist nicht von hier. Von wo ist es denn? Das weiß der Himmel.

Sankei will dahin, wo er hergekommen ist. Und weil er die Sprache der Polizisten spricht und keine andere, scheint kein Zweifel zu bestehen, dass das Kind sich irren muss. Man muss nur noch die Eltern finden. Damit ist schon mal die AB-Behörde aus dem Spiel. Eigentlich ist das ja auch doppelt, in dem Wort kommt die Behörde zwei Mal vor. Aber hier eben gar nicht.

Überflüssig zu erwähnen, dass Sankei seine Eltern nicht kennt. Und auch noch nicht zur Schule geht. Auch für solche Fälle gibt es eine Stelle. Da kommt das Kind jetzt erst mal hin. Sankei allerdings muss nach Hause und das sofort. Man kann sehr viel Energie verlieren, wenn die Bitterkeit des Lebens Weinen in Wut verwandelt und Geheul in Geschrei.

Der Arzt weiß sich nicht zu helfen. Man wird nicht ohne Medikamente auskommen können. Es ist eine Frage, wer zu erst gewinnt, die physische Erschöpfung oder die Oberhand über das, was sie nicht übrig lässt. Da gibt es viele Faktoren. Vor allem, wenn Eltern fehlen. Sankei sagt, er will die Oberhand nicht, sondern nach Hause. Er weiß nur nicht, wo das ist.

Und die anderen können das Dilemma nicht mehr ertragen, vielleicht auch nur nicht den Lärm. Sie sehnen sich nach Ruhe. Da stört ein Kind, das nach Hause will. Der Arzt setzt seine Spritze an, die Nadel taucht unter. Plötzlich Ruhe. Dann bläst eine Hektik alle Türen auf, Menschen in die Flure und durcheinander, und schließlich das leblose Kind in die Ambulanz.

Ana fühlt laktisch den Schock. Fassungslos wird das Kind vom anderen Planeten zum Hospital gebracht. Viele Leute tun dort alles, was in ihrer Macht steht, aber weil man von Anfang an nichts machen kann, kann man bis zum Ende nichts tun. Die wenigsten bewahren die Fassung. Man hat für sowas kein Konzept. Das Kind ist verloren. Und wird nicht mal vermißt.

Sankei aber lächelt, weil er jetzt endlich zu Hause ist.