ALLöF WIRD GUT - Illegal

Wir setzen uns also beide auf unseren Stühlchen gerade und konzentrieren uns auf das, was auf einem Blatt Papier in ihren Akten steht. »Mohamed al Suqq, Musafed Ibn Sahiri, Zacharja Ben Benaissi, Saraph Amhamed Hasumhi, …«
Kopfschütteln meinerseits. Der verbale Rorschachtest stürzt uns in die nächste Krise. Nicht nur hat sie erkennbar Schwierigkeiten, die Namen abzulesen. Ich habe die gleichen Schwierigkeiten, die Namen zu verstehen. Würde sagen, sie stammen im Großen und Ganzen aus dem arabisch-islamischen Raum … und dann fiel mir so rückblickend in Erinnerung an unser Fernsehzimmer der durchweg doch etwas dunklere Hauttyp meiner Mithäftlinge auf. Und mir brennt dieser giftige Sachverhalt der nicht feststellbaren Identität hinter der Stirn und schließlich kommt mir das böse A-Wort über die Lippen: Abschiebehaft? »Ich sitze hier doch nicht in Abschiebehaft?«
Meine Anwältin antwortet mir mit einem gehaltlosen Lächeln. Dafür sei es noch zu früh. Das sei ja erst das Ende des Verfahrens. Im Ergebnis aber schon. ALLöF WIRD GUT ...
... auch das mit den Zähnen:

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Die Mühlen der Justiz mahlen schließlich bekanntermaßen langsam.
Schweiß quillt mir über die Stirn. Ich verwickele mich in Widersprüche, ohne etwas zu tun oder zu sagen. Es liegt an mangelnder Bereitschaft zur Kooperation. Meine Abneigung gegen die neue Identität grenzt nach Meinung aller Beteiligten dem Vernehmen nach an Justizbehinderung. Und weil Hana Kattrin auch irgendwie beteiligt ist, fehlt unserer Begegnung von Anfang an die Herzlichkeit. Der Verdacht wird härter und härter, dass ich das Opfer einer grandiosen Verwechslung bin, und zu gleicher Zeit der Trägheit anonymer Instanzen, die sich einen ungeliebten Job notfalls mit Gewalt vom Schreibtisch schaffen wollen. In ihren Augen der Hauch einer Spur von Verschwörungstheorie.
Nun konnte mir ja der Jugendherbergscharme meiner neuen Umgebung in der kurzen Zeit noch nicht so richtig ans Herz wachsen, aber die Aussicht, in einem Drittweltland auf meinen Pflichtverteidiger zu warten, wertete die heimische Anstalt in meiner Wahrnehmung doch erheblich gegenüber vorher auf. Die einheitliche Ästhetik, der schlichte Schick, die Tatsache, dass es morgens Essen gab …
»Sie machen Witze?« erkundigte ich mich. Nein, machte sie nicht.

Es gibt keine illegalen Menschen. Zumindest einmal im Jahr auf dem Staatsgebiet der Documenta. Für diejenigen, die eine gültige Eintrittskarte haben. Man sollte sich von diesem Großmut dennoch nicht hinreißen lassen, im Restterritorium Deutschlands den Ausweis zu Hause zu vergessen, wenn man obendrein am falschen Wohnsitz behördlich gemeldet ist. Großer Fehler, den man unter Umständen nur einmal macht.

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