Statisten gesucht

"Ein Drittel der Menschen, die derzeit in Großbritannien an der Delta-Variante sterben, ist zweifach geimpft ..." - es handelt sich allerdings nur um ein statistisches Phänomen. Schweiß-von-der-Stirn-wisch dass ich nicht zu den zwei Dritteln gehöre, die in Großbritannien leben und möglicherweise trotzdem tot sind.

In der Zeitung steht, dass jetzt ein Münchner Startup endlich ein e-Auto produzieren will, dass mit Solarstrom fährt. Man wird sogar nebenbei noch einen e-Roller laden können mit dem Strom, den das Ding generiert, und das Fahrzeug soll 120 kW Leistung haben. Spickzettel:

Ein sehr gutes Solarmodul schafft 200 Watt pro Quadratmeter bei optimalen Bedingungen. 120 kW zu erzeugen, bedeutet also Solarpanele von 600 Quadratmetern auf dem Dach von dem Auto zu installieren. Weil ja das Wetter nicht immer mitspielt, sollten 1000 eingeplant werden, um die 120 kW zu erbringen, das sind bei einer Fahrzeugbreite von 2,50 m etwa vierhundert Meter Anhänger mit Panelen drauf.

Aber auch das ist ein statistischer Fake, denn das Auto fährt ja durchschnittlich nicht. Und wenn es steht, dann reichen die vier Quadratmeter Solarfläche auf dem Dach auch bei schlechtem Wetter, um das Handy zu laden oder ein Autoradio zu betreiben. Und die Batterie geht nicht leer. Außer nachts. Da muss man dann in Australien fahren.

Nein, ich mache Spaß: das vermeindliche Paradox ist ein sprachliches. Da steht nämlich im Artikel nicht, dass das e-Auto mit Solarstrom fährt, sondern mit einem "vergleichsweise hohen Anteil" an Solarenergie betrieben wird. Vergleichsweise hoch ist - wenn ich meinen Toaster mit dem neuen Hightech-Mobil vergleiche - schon bei vier Quadratmetern und schlechtem Wetter erreicht. Vergleichsweise hoch ist auch der Anteil der Solarenergie, mit dem mein Klopapier betrieben wird.

Vergleichsweise hoch sind auch Bäume. Und ihr Solarbetriebsanteil. Aber diese Bäume sind vergleichsweise ineffizient, wenn man ein Startup bewerben will. Wenn man jetzt zum Beispiel in Sachsen ein Automobilwerk bauen möchte, in dem e-Autos konstruiert werden, die unser Umweltdebakel (vergleichsweise) überwinden helfen, dann stellt sich die Frage, wie viele Bäume man vergleichsweise auf 1000 Quadratmetern fällen kann, um die Klimaziele nur knapp zu verfehlen. Und damit steht und fällt auch eine Imagekampagne.

Man darf jetzt nicht resignieren. Denn. Was passiert unterm Strich, wenn man zu einem halbvollen Glas die selbe Menge hinzugibt? Es ist nachher ganz voll. Nimmt man von einem halbleeren Glas die Hälfte weg, dann ist immer noch was drin. Und das kann man ewig so weiter machen. Bis es keine Bäume mehr gibt. So muss man denken. Dann kann man auch ein Wertpapier beflügeln, irgendwas mit Green, Öko und innovativer Technik.

Rabbi Grün sagt er:

Meine Oma hat gebetet, dass es gut geht mit unserem Klima.

Aber es ist doch nicht gut gegangen ...

Na, hätte meine Oma nicht gebetet, was meinst du, was wir dann erst für ein schlechtes Klima hätten!