Xunqueira-Orense



Die steinernen Mais- und Gemüsespeicher in den galizischen Orten nennt man Horrios - Gegen die Mäuse sind die eigenartigen Säulen mit Steinplatten als Kapitell
Xunqueira zu erreichen, war ein hartes Stück Arbeit. Wundervolle Strecke mit ganz besonderen Attraktionen am Wegrand, Natur, alles nach Wunsch; doch die Distanz ist ein Knochenbrecher. Am Abend waren wir zu dritt in der Pilgerherberge und bereiteten uns ein eigenes Abendessen vor. Spaghetti, Salat, Brot und Wein. Der einzige Italiener in der Runde durfte die Spaghetti kochen. Ich hatte mehr erwartet, aber immerhin wurden wir satt. Später konnte ich noch einmal mit Julio reden, den ich auch am nächsten Morgen in einem Café wieder traf. Schöne Gespräche am Rande, die einem glücklicherweise Zeit stehlen. Man würde sonst auf der Straße Asphalt schrubben. Das nämlich war vorher nicht absehbar, dass nach Ourense hin eine ziemlich öde Strecke wartete. Kurz zwar mit etwas mehr als einundzwanzig Kilometern, doch auch eintönig und am Ende von einem Zieleinlauf gekrönt, der durch ein Industriegebiet nebst Chemiefabrik verläuft. Julio, ein Stück älter als ich, hatte das kommen sehen und die Strecke mit dem Bus gemacht. Klug von ihm, wenngleich auch manchen Orten Unrecht geschieht, das so pauschal zu sagen. Es ist einfach eine Etappe, die zu kurz vor Santiago liegt. Vor ein paar Tagen schrieb ich noch einem Freund, Ourense sei sicher sehr schön. Angekommen frage ich mich, worauf diese Einschätzung beruhte. Am ersten Kreisverkehr setze ich mich in ein Café und frage, ob sie Eis hätten. Der Dialog wurde bühnenreif. Ich musste das Wort Eis (Helado) drei Mal wiederholen, bis ich aufgab. Die Kellnerin konstatierte: Das gibts nicht … und ging. Ich habe dann noch einen Tonic bestellt, worauf sie mich frug: Mit Eis? Naja, nur dass Eis aus ihrem Mund klang wie das spanische Cielo, was Himmel bedeutet. Klar, Tonic mit Himmel. So wünsche ich mir das.

Die Temperatur hat wieder merklich angezogen. Zur Zeit herrschen 35°. Ourense bietet kaum Schatten. Die Landschaft aus Stein speichert die Hitze. Man kann kaum raus. Ich habe meine Wäsche in die Waschmaschine gesteckt, 3 Euromünzen, jetzt bleibt etwas Zeit. Also gehe ich durch das alte Viertel und setze mich mangels Alternativen in ein Eiscafé. Der Bananensplit ist alles, was entfernt mit Obst zu tun hat. Für sechs Euro servieren mir die beiden Kellner ein Tellerchen voll irgendwas geschmacklosem, das ausschließlich aus Zucker zu bestehen scheint und vom Teller schmilzt wie Butter in der Sonne. Danach also Wäsche aus der Maschine in den Trockner stecken. Jetzt bleiben 40 Minuten zum Einkauf für den nächsten Tag. Vor allem Wasser gegen den Durst.

Noch einmal kreise ich durch das alte Viertel, am Dom vorbei und komme auf die Idee, einen Döner gegen den stärksten Hunger zu essen. Der Dönermann telefoniert. Mit der freien Hand gestikuliert er mir ein Gleich und fragt schon mal, was ich will. Döner. Er nickt. Danach telefoniert er weiter. Es geht um ein Apartment, das er offenbar vermieten will. Nach einiger Zeit hat er sich geeinigt, umrundet seine Theke und zündet seine Dönerbrenner an, wirft ein angeschnittenes Dönerbrot in einen Toaster und fragt mich, wie ich den Döner will. Scharf, sage ich. Eine Weile hantiert er und telefoniert dabei gleich noch einmal, bis auch mein Döner im Kasten ist. Ich schaue auf die Uhr: Trockner gleich fertig. Meine Kehle gleich trocken, bestelle ich noch eine Cola und rechne zusammen: 3,50 Dienstagsangebot Döner, 1,50 Cola, macht fünf, krame einen Zwanziger aus der Tasche und lege ihn auf die Theke. Der Dönermann nimmt den Schein, rennt entschlusslos im Laden herum und landet schließlich an der Tür. Er müsse wechseln gehen. Das wäre mir jetzt doch etwas zu … hm … zeitraubend. Also durchwühle ich alle meine Taschen nach Münzen und höre vom Dönermann die Frage, ob ich die sechs Euro auch klein hätte. Fünf, korrigiere ich. Sechs, korrigiert er. Fünf, sage ich und zeige auf das Angebotsschild. Ahm, macht er verlegen, dann fünf und nimmt die Münzen. Ich schaue auf die Kasse, die da ostentativ vor uns steht, und er sagt: die wolle er nicht öffnen, denn die mache immer Klingeling. Ob sein Chef weiß, dass die Kasse klingeling macht, wenn man nichts dagegen tut? Ehrlich, ich kann nicht sagen, dass ich diese Stadt auf Anhieb in mein Herz geschlossen hätte. Angesichts der verschiedenen Schreibweisen weiß ich nicht mal, welche die richtige ist: Ourense, Orense, Orenxe … vielleicht ist sie ja eine Liebe auf den zweiten Blick.