der Falschpisser

Er geht zum Baum, hebt das Bein und pinkelt. Wie jeder Hund. Doch er hebt das falsche Bein. Grundsätzlich. Er geht zum Baum, hebt das falsche Bein und pinkelt auf meine Schuhe. Immer. Ich mag diesen Hund. Er hat eine Gefängnis-frei-Karte im Gesicht. Wenn er von dort unten zu einem aufsieht, hat man für alle Übel der Welt Verständnis. Er war bei mir eine Stunde zu Gast. Das heißt, in dieser Woche wird die Putzfrau dreimal kommen müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass ich keine Putzfrau habe. Aber er hat ein Lächeln. Die Arbeit macht sich praktisch von selbst. Würde. Sie würde sich von selbst machen, wenn er nicht da wäre. Nach einigen fruchtlosen Anläufen zücke ich das Mittel der Mittel, die Hundeleine. Im selben Moment sind wir wieder Freunde und Kollegen. Und ich bin der Chef. Es geht im Aufzug runter. Fünfzehn Sekunden, in denen der kleine Scheißer gefährlich oft sein falsches Bein zu heben versucht. Aber entweder gefällt ihm mein Gesichtsausdruck nicht, oder die Stahlwand. Er würde sowieso daneben pinkeln, auch wenn er praktisch von den Wänden umgeben ist, die man nur verfehlen kann, wenn man sein Talent besitzt. Doch diesmal geht es gut. Vom Aufzug zur Tür sind es fünf Meter. Für ihn drei Anläufe, in denen allerdings kein Tröpfchen sprudelt, weil wohl auch keins mehr drin ist. Die Versuche, sich in die falsche Richtung auszuwringen, bringen ihn gefährlich ins Schlingern, dann klappt die Tür hinter uns zu und wir sind beide in Sicherheit. Von da an muss er nicht mehr. Das große Eisentor haben sie kürzlich repariert. Das Schloss ging nicht. Jetzt geht es. Von außen. Nur kommt man da nicht so leicht dran. Also greift man ums Gestänge, schiebt blind den Schlüssel von außen rein und dreht gefühlvoll mit der Fingerspitze, bis entweder der Schlüssel abbricht oder der Hund in die Einfahrt kackt. Auch dieser Kelch geht an uns vorüber, weil jemand das Tor offen gelassen hat. Die Straße ist frei, also ziehe ich die Leine und lasse freien Lauf. Der Hund rennt zielstrebig zum Glascontainer. Die Einwohner werfen nämlich ihre Flaschen gern neben den Container, damit die Hunde sich ihre Pfoten aufwetzen können, wenn sie die Grillabfälle fressen wollen, die die Einwohner neben dem Restmüll entsorgen. Meist in Plastiktüten, die man aus den Hundeschnauzen prokeln muss, um sie nicht nach einem Umweg über das Meer in der Babynahrung zu finden. Hund ist satt und hinten leer, als ich die Pfoten auf Abnutzung prüfe. Alles gut. Es geht noch etwas am Strand lang, um Badegäste aufzuscheuchen. Wegen Regen ist aber keiner da. Am Ende hole ich noch eine Wasserflasche aus dem Kofferraum, um das Vieh zu waschen, da macht er einen Satz und ist drin. Ich hole ihn raus, setze ihn auf die Straße und klappe schnell zu. Und erkenne, dass der Schlüssel drin liegt. Peinlich, neben seinem abgeschlossenen Wagen zu stehen und keinen Schlüssel mehr zu haben. Doch Hund hat gute Laune. Ich beschloss dann, auch gute Laune zu haben, als der Polizist kam und mich nach einer Leine fragte. Die Leine, fiepte Hund das Auto an, war da. Sie war nur gerade nicht greifbar. Jetzt, wo Hund die Sache schon ausgeplaudert hatte, konnte ich dem freundlichen Herrn ja auch erklären, dass die Leine im Auto war. Und er konnte sie durch die Seitenscheibe sehen. Und mich auffordern, sie herauszuholen, um den freundlich lächelnden Hund anzuleinen. So kommt eins zum anderen. Denn der Schlüssel zum Tor war auch nicht griffbereit und im Tor steckte der Rest von einem anderen. Ohne Dusche sieht man in Badelatschen doch, wie ich zugeben muss, einem kleinen Dieb sehr ähnlich, die es hier herum geben soll. Der Polizist fragt mich trotzdem nach dem Hund, und ich sage: das ist nicht meiner. Ein unbedachtes Wort ...