das kranke Haus

(after it's been published as closed room mystery inside fb, here the public-noncommerce-users-version of the hospitals inside for friends of the sickly side of life)

Krankenhäuser sind Schauplätze per se, finde ich. Nirgendwo liegt Geburt und Tod so nah beieinander und selten die Teeküche neben den mit 'Fäkal' beschrifteten Räumlichkeiten. WC?? Und wenn Arzte aus Aserbeidschanisch Lande frage hinter geschloosene Ture Patiente ob gute Luft kriege oder Attembeschwerde ... bekommen Angehörige selbst Atembeschwerden. Und Beschwerden im allgemeinen.

Doktortitel in was? Spracke? Mittagspause, Schichtwechsel, Wachablösung am Grab des ... nein, zynisch. Ein Uhr, die Spaßmacher von der Morgenschicht stiefeln hinaus, die Mittagsschicht kommt, und irgendwo liegt ein Patient vergessen auf einem Bett im Gang vor der Röntgenstation. Lebt der noch? Kein Problem, denn außer dass hin und wieder jemand seine Palette voller mit 'Cafeteria' beschrifteter Eimer vorbei schiebt und dabei gegen das Bett des Schlafenen - oder Toten?? - rammt, stört der Vergessene am Gang keinen.

Ich denke darüber nach, wie man Röntgenstrahlung macht. Die Briten machen ja X-Ray, wahrscheinlich weil Röntgen verdächtig deutsch ist für einen Strahlemann. Irgendwas mit Kristallen (Jod? Gallium-Arsenid? Oder geht mir da was durcheinander?) ... dann ist es raus: man hat nicht nur den im Bett vergessen, haha, sondern auch die Person, die man gerade begleitet.

Die ist nämlich akut von exorbitant hohem Blutdruck bedroht: hypertonische Entgleisung. Müßte auf dem Anmeldebogen nicht hypertonische Dystaxie stehen oder irgendson griechisch-lateinischer Kaudermix? Jedenfalls haben sie keine Betten mehr und daher auch den einen oder anderen Patienten vergessen.

Aber gleich - ist es soweit. Dann macht die Cafeteria auf. Man fängt an, Bilder an der Wand gerade zu hängen. Da sind auch so drastisch schöne Sinnsprüche zu lesen, es ist ja eine konfessionelle Klinik. bene fecit omnia. Ich auch. Alles gut. Wirklich arm ist nur der, der keine Beschäftigung hat. Emm, ja.

Der Flucht- und Wegeplan ist weitaus künstlerischer übrigens als die Monet-Nachbauten einer unbekannten Künstlerin mit Zweitwohnsitz in der Toskana. Sie hat kein Farbgefühl. Dafür kennt die Autorin des Wegeplans die neuesten Umbaumaßnahmen nicht. Fäkal?? Hm. Die Löschdecke jedenfalls ist nicht eingezeichnet und die Notaufnahme ist längst woanders. Dafür steht vor der entsprechend beschrifteten Tür ein Werkzeugsatz, mit dem man Mopetts reparieren kann, möglicherweise auch Patienten ... mit defekten Rollstühlen weiter helfen.

Oder Angehörige beunruhigen. Wenn dann der eine oder andere Scherz durch den Türspalt dringt: "Das Bett ist noch nicht kalt", ja. Noch siebzehn Minuten bis Cafeteria-Open. Chatt gutt geschlaffe sonnst oder Attemnot? Und wir sind mental am Kundus. Wie macht man Röntgen? Harte oder weiche Röntgenstrahlung?

Shit, und dann hängt da noch so ein Spender an der Wand mit der Aufschrift: Winterzeit ist Virenzeit - regelmäßig Händewaschen. Jemand wäscht denn auch regelmäßig Hände unter dem Spender, und es sind nur noch sechs Minuten bis Cafeteria-Open. Zwanzig Mal Händewaschen. Gib den Viren keine Chance! Betten jagen Gänge entlang und Notarztwagenfahrer machen Witze, die in Angehörigenohren nicht witzig klingen.

Rauchen tut man besser im Treppenhaus. Also, ich nich, sondern die Addikten. Die schluffen wie tranige Überbleibsel einer Zombieverfilmung über die Flure und verschwinden in Aufzügen mit dem Hinweis: auf und ab. Auch die hat man vergessen. Oder ihre Angehörigen sind zwischendurch verstorben und dörren auf einem Gang im Untergeschoß hinter der mit 'Fäkal' beschrifteten Tür.

Der Wegeplan führt auf jeden Fall zu Jesus oder in die Buchhaltung: elektronische Krankenkarte - was ist gespeichert? Und die Zeitspanne bis Cafeteria-Open verkürzt sich auf unter eine Minute. Ein Koch mit einer imposanten Mütze schiebt gebackene Schollenfilets quer über den Flur, und der Patient in seinem Bett mit in etwa der selben Farbe im Gesicht wie der tote Fisch hat sich seit zwanzig Minuten nicht gerührt. Aserbeidschanische Flachatmung?

Haaaa-huuuum! machts und wir sind erlöst. Während ein zweites Bett neben dem ersten geparkt wird - zwei Christbäume mit Lametta und Tropftüten dran, kommt die Palette mit den Eimern noch mal vorbei. Ich fange an, den Gang der Ärzte zu analysieren ... etwa wie Jesus Hände im Epiphaniewinkel am Weißkittel nach außen-oben gewandt, drei Kugelschreiber am Herz, die weißen Schühchen immer platt von oben auf die Fliese gesetzt und dabei mit beiden Hosenbeinen ordentlich Wind in den Gang gepustet - ganz im Unterschied dazu der 4-ward-Kriechgang des Palettenschiebers, der könnte auch im Bergwerk arbeiten

... und dann denke ich noch kurz über die Unsichtbarkeit von indischen Krankenschwestern nach - selbst durch Röntgen gingen die widerstandslos durch - und umgekehrt, aber weil sie mit einem roten Kreuz auf der Brust markiert sind, kann man sie unschwer von den Feuerschutzdecken unterscheiden. Die Schwestern sind im Wege- und Fluchtplan auch nicht eingezeichnet. Dafür gehen sie wie Schlittschuhläuferinnen auf Granit ... glatt weg. Und lächeln. Ich auch. Als ich endlich raus bin, fühle ich mich, hm, irgendwie krank