ALLöF WIRD GUT - Work-Life-Balance

Ich stehe vor der Buchhandlung und spüre vor Schock Eisklumpen die Wirbelsäule streicheln. Jemand hat unter meinem Namen meinen letzten Szeneroman plagiiert, unter meinem Wunschtitel herausgebracht und verkloppt jetzt die Copies dutzendweise gleich von der Palette. »Wir Kommen in Frieden« hielt ich für übertrieben, wenngleich sprechende Titel mal wieder in Mode sind. ALLöF WIRD GUT ...
... auch das mit den Zähnen:

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»Alles wird gut«, ist da schon glatter. Und kurze Autorennamen: N.N.
Der Jemand bin ich. Ganz vergessen, dass ich dafür mal Druckfahnen korrigiert hatte, Cover besprochen, Lektorate gestemmt. Kann mich an rein gar nichts mehr erinnern. Das war sicher vor meiner Zeit … als Tramp. Mein Buch liegt da unschuldig in Stapeln zu jeweils hundert und verdunstet unter der Sonne. Jeder zweite Kunde reißt sich schon auf dem Weg nach drinnen eins der Briketts vom Stoß und verschwindet an der Kasse, ohne auch nur auf den Einband zu blicken. Im nächsten Leben hätte ich mir den Erfolg durchaus zugetraut oder in einem parallelen Universum. War das schon mein nächstes Leben, oder hatte ich es mal wieder glatt verpasst? Exakt das ist es, was ich sagen will, exakt das! Ich starre in mein eigenes Leben wie ein Zuschauer in einen Karton, in dem die Mäuse tanzen. Und ich frage mich, was tun die da? Und was ich hier? Und warum fällt das keinem auf?

Meine Stirn klebt am Schaufenster fest und auf der Rückseite eins meiner Fotos. Die, zugegeben, wenig Ähnlichkeit mit mir haben, selbst wenn man sich die Haare weg und einen verschossenen Bart aus abgeflämmtem Schamhaar um die Gesichtskanten hinzudenkt. Best-Seller. Kacke. Ein Film, für den ich das Drehbuch nicht zu schreiben wage. Was ist nur mit mir in meiner Abwesenheit passiert? Oder ist das hier ein echter Kafka? Haben sie Safi Raid möglicherweise bei einer seiner Sonderbehandlungen einen schädlichen Mix injiziert, der ihn denken lässt, er wäre ich und stünde jetzt hier und gaffte eines seiner Fotos an, das ihm nicht im geringsten ähnlich ist?
Ich wage das Experiment und stapfe entschlossen in die Buchhandlung, baue mich an der Kasse auf und weise mit dem Daumen hinter mich: »ich bin das!« Hinter mir steht nicht die Palette, stattdessen eine Dame, deren Mundwinkel in einem faltigen Areal neben ihrem Kinn verschwinden wie Gletscherspalten im Eis. Sie braucht nicht zu erwähnen, dass sie ungehalten ist. »Ich war vor Ihnen«, sagt sie mit tödlicher Stimme. Dann wartet sie und endet mit dem wirkmächtigsten Schimpfwort, das ihr im Leben über die Lippen kam: »Junger Mann!«

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