Zeitlos

Ich wache morgens auf und fühle mich matschig. Keinen Appetit, keine Lust auf garnichts, kann nicht denken und erinnere mich nur daran, um elf beim Anwalt zu sein. Also gehe ich runter zu Joe’s und lasse mir zu einem doppelten Espresso den dicken Qualm einer spanischen Zigarette über die Zunge rollen. Langsam wacht mein Verstand auf und bringt mir Erinnerungen zurück. Unter anderem die an meinen Entschluss, nicht mehr zu rauchen. Das war vorgestern? Oder am letzten Wochenende in Bayonne? Ich drücke den angefangenen Stengel in den Aschenbecher und merke, dass mir jetzt auch der Espresso nicht mehr schmeckt. Donnerstag morgen, ein Mindestlohn vergeigt für nichts als nachhaltigen Frust. So sitze ich in dem Café und blicke mich um wie ein Frosch, der in einem fremden Teich aufgewacht ist. Die Fliegen tanzen mir im Morgenlicht auf der Nase herum: Tabak, Koffein, trallala, hoppsassa, gleich wird der Storch kommen, und dann ist eh alles aus. Also streckt der Frosch seine Zunge aus und … klemmt sich die Zichte ins Maul, fast wie in Trance ratscht das Feuerzeug, es knistert, und ich bin mit einem Zug in einem Lehmdorf im Magreb. Getrockneter Kameldung verglimmt in Steinöfen, an deren Wänden Fladenbrot geröstet wird; aus dem Ersatzkanister zu meinen Füßen steigen ölige Dämpfe auf, und ich sauge diese aromatische Mischung tief in meine Lungen hinein. Erinnerungen für einen Atemzug. Der zweite riecht nach abgebranntem Stroh und feuchten Socken. Ich steche den nächsten Stengel angeraucht in den Aschenbecher und will mich gerade vom Stuhl erheben, als eine Wolke von biblischen Ausmaßen über meiner Stirn die Farbe wechselt. Ein Blick zur Uhr zeigt mir, dass ich keine habe. Richtig, die haben sie mir ja erst gestern abgenommen …