Ebül Endschas

Hillel sagt: Ein Hin voll geschöpften Wassers macht das Tauchbad untauglich. Ein Mensch ist nämlich verpflichtet, in der Sprache seines Meisters zu reden. Schammai sagt aber: Neun Kaw. Shaoul: Kauft dieses Biechlein, dass es hat ein Ende!Die Weisen aber sagen: Weder nach den Worten des einen, noch nach den Worten des anderen. Als nämlich zwei Weber vom Misttor in Jerusalem kamen und im Namen Schmajas und Awtaljons bezeugten: Drei Log geschöpften Wassers machen das Tauchbad untauglich, da bestätigten die Weisen ihre Worte. Warum aber führt man die Worte Schammais und Hillels an, um sie dann aufzuhebeln? Um die kommenden Geschlechter zu lehren, dass ein Mensch sich nicht auf seine Worte versteifen soll …

»Warum heissen im Äräz alle Flughäfen Ben Gurion?«, fragte Menachem seinen Freund Shaoul am Airport von Tel Aviv. Obwohl ein gewöhnlicher Sonntag, gab es keine Bombendrohung. Die allgemeine Verunsicherung über diesen Umstand löste existentielle Fragen aus. Menachem, Shaoul, Itzik und drei weitere Rebben weniger gemässigter Tradition hatten die Flugreisen vor mehr als einem Vierteljahrhundert eingestellt, als die Gefahren des Reisens noch in keinem Verhältnis zu den Sehenswürdigkeiten jenseits der wackeligen Staatsgrenzen standen. Shaoul kleidete die Tatsachen gern in schlichte Worte. »Im Alter wird die Welt belanglos, die Schuhe werden unleidlich und Fremdheit Mühsal.«
»Ben Gurion hiess von Geburt her David Grün, und er war a Pole! No sollen wer lernen den neien Namen«, antwortete Itzik aus der Dreiergruppe.
Alle anderen lächelten milde, allerdings über das ⟩no⟨ in den erklärenden Worten. Denn da Gurion seit über vierzig Jahren tot war, war auch der jüdische Name des Gründungsvaters nicht mehr ganz neu.
»Erinnere mich, Menachem, dass mer priefen, nach wem die Gojim ihre Flughäfen benennen.«
»No, nach ihren Attentätern!«
»Was meinst? Wieso is Ben Gurion a Attentäter?«
»David war doch an dem Anschlag beteiligt auf das King David Hotel.«
»Aber Shaoul, was redst? Es ging doch gegen die Briten.«
»Was ich meine, Menachem. Was ich meine.«
»No, sollen wir den Hafen nach einem Araber nennen?«
»No, nej, aber du fragst, wie die Gojim ihre Häfen benennen.«
»Und wie nennen se se?«
»Auf meinem Fahrschein steht Fiumicino, das is e kloiner schmutziger Wasserlauf.«
»Na«, schloss Menachem, »se werden ihre Gründe haben.«