ALLöF WIRD GUT - Weltuntergang

In einem vorigen Leben gab es sie noch, diese Momente. Und im nächsten könnte es sie wieder geben, wenn nur diese Kugel in diesem Casino ins richtige Loch fällt. Plopp, vingt-deux, pair, noir … rien ne va plus.
Erster Blick in die Runde. Scheiße, der Rhein. Ich bin also in all der Zeit keinen Spuck weit aus dem Gemüse gekommen. Nichts, was ein klappriger Toyota mit einem Fingerhut Benzin im Tank nicht bewältigen könnte. Vielleicht gerade mal zwanzig Kilometer. Da sind sie, die bekannten Silhouetten der Burgenlandschaft um mich und über mir wie Zähne eines Drachen, auf dessen nasser Zunge ich liege. Niedrigwasser. Ich auf ner Sandbank. Dem Siebengebirge gegenüber an der Grenze zwischen Wasser und Land. Vom Mond aus dem Himmel gespuckt zielgenau dahin, wo die Reise begann. Heimatliche Gefühle bewegen meine Seele. Auch wenn es noch nicht zum Aufstehen reicht. Und ein Flugzeug schraffiert auf dem Weg nach Wahn den Himmel.
Verdammich, das Land war Wasser, unser Gefängnis ein Schiff. ALLöF WIRD GUT ...
... auch das mit den Zähnen:

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Sie haben uns nicht mal außer Landes geschafft. Möwen, Eisenbahn, Wasser, Kometen, Menetekel, die man nicht deuten konnte mit einem schwarzen Sack überm Kopf, Stroboskoplampen und Dauerlärm zur Desorientierung. Das immerhin haben sie perfekt hingekriegt. Man weiß nach dieser Therapie nicht mal mehr, in welchem Jahrhundert man ist.

Der Weltuntergang wird vom ewigen Mayakalender der Ureinwohner zwischen Köln und Mainz auf elf Uhr elf datiert. Allerdings nicht nachts. Nachts finden Weltuntergänge am Mittelrhein aus organisatorischen Gründen nicht statt. Der Lärmschutz spielt da sicher auch eine zentrale Rolle. Als sich das variszische Mittelgebirge halbmondförmig aus dem Boden hob, wusste hier herum noch niemand, was ein Vulkan ist. Die Basaltkegel haben sich erst später wie Würmer aus dem Boden gebohrt und Jäger und Sammler das Fürchten gelehrt. Das Siebengebirge ist besonders markant. Die geologische Titanic hinterließ in dem Gemenge aus Heben, Senken und Schütten auch schon mal was, das sich nach Ansicht der Menschen als idealer Bauplatz für Burgen und Schlösser eignet. Drachenfels, Löwenburg, Rolandsbogen. Die Vertikale ist in Wahrheit die große Entdeckung des einstmaligen Steppenbewohners aus Germanien. Wenn man oben ist, kann man Steine werfen, die jene, die unten sind, nicht zurück werfen können. Man nennt das Machtgefälle. Die Macht am Rhein ist grenzenlos, denn obwohl es mehr Oben gibt als sonstwo im Reich, ist doch fast alles und jeder ganz unten. Das Paradox des kleinen Mannes auf dessen Schultern die Weltkugel ruht, symbolisiert tatsächlich kaum etwas wie dieser in Schluchten gezwängte mächtige Strom, seine Handwerker, Fischer, Kaufleute und das, was über ihren Köpfen ruht: eine einzige Kadenz von Zollstationen. Klar, was zu tun ist. Weg, nur weg. Bevor sie dich abkassieren.

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