Brauhausfotografie

Die moderne Fotografie hat zwei große Umbrüche erlebt. Ähnlich wie es in der Literatur der Fall war, zeitigte die Digitalisierung eine erste rabiate Krise in Arbeitsmitteln und Arbeitstechniken, welche sich in der Folge auch dramatisch auf die Inhalte durchgeschlagen hat. Die zweite Krise wird das Mobiltelefon ausgelöst haben und das Nutzungsverhalten der Eigentümer von dort eingebauten Digicams. Das ganze mündete in ein 'Dogma', dessen Tiefgang imponieren dürfte: Keine weiteren Bilder, bis die alten aufgebraucht sind.

An der Uni in Siegen arbeiten Kunststudenten in diesem Sinne das Vermächtnis der Fotografen auf. Nun ist das Gebiet ja doch ziemlich weit und unübersichtlich, und die Grenzen, die man sich steckt, willkürlich. Was zum Beispiel bedeutet 'Fotografie'? Ist ein Foto ein Bild? Ist ein Bild ein Abbild? Und was bildet es ab? Möglicherweise eher den Fotografen als das Objekt.

Vielleicht liegt hier der eigentliche Umbruch. Ist nicht, wie in der Literatur alles schon geschrieben ist, auch in der Fotografie alles schon abgebildet worden, und das in jeder Qualität? Diesen und ähnlichen Fragen gehen die jungen Künstler nach und das auf ganz interessanten Wegen.

Mario Klein, Kunststudent der Uni Siegen, aktiviert sein Publikum in einem ganz eigenartigen Fotoprojekt. Er sammelt FotografienBildmaterial mit freundlicher Genehmigung der Eigentümer und des Künstlers von der Seite
mario-klein.de
entnommen bzw. verlinkt
, die unter gewissen Aspekten vom Handy aufgenommen und mindestens einmal versendet worden sind. In den Kategorien 'Lebensmittel/Essen', 'Belustigung/Humor', 'Mitleid erzeugen' ... usw. lädt er Beiträger ein, ihre 'Alltagsfotos' hoch zu laden.

Entstanden ist eine ansehnliche Sammlung exquisiter Bilder, die Emotionen der Handynutzer widerspiegeln. Das Projekt läuft, und der Künstler freut sich über jede Teilnahme. Interessant sind die bisherigen Ergebnisse. Unter viaoprinto kann man die ersten Bildbände bestellen. Was sich Handycam-Nutzer schicken, um was dadurch mitzuteilen - eine Ausstellung der digitalisierten Gefühlswelten. Im wahrsten Sinne des Wortes: sehenswert