Rotwein ist der billigste Urlaub

Wir waren am Meer. Gut. Eigentlich wollte ich dort eine Zigarre rauchen. Aber die hatte ich nicht dabei. Dann dachte ich an eine Tasse Kaffee morgens gegen Sonnenaufgang. Die Übernachtung wäre doch heftig ins Geld gegangen. Habe mich noch nicht ans Reichsein gewöhnt. Also dachte ich an eine Heimfahrt.

600 km insgesamt mit einem Vollmond als Ziel direkt in Verlängerung der Autobahnlaternen. Gigantische Kulisse für eine Nachtfahrt. Das Mondkalb, auf dem ich reise, ist ja an sich inert gegen Einflüsse von außen. Man friert nicht, weil der 'Tank' ein Kühlwasserreservoir ist und die Griffe zweistufig beheizbar sind, und doch sinkt die Kerntemperatur des Körpers pro 100 km um ein halbes Grad. Abwind? Gedankenstrom?

650 ccm Einzylinder im (Niederlande 130er max Tempo) fünften Gang macht etwa das Geräusch (und Gefühl), als wenn man eine leere Weinflasche (750 ccm) 90 mal in der Sekunde bis zum Hals in die Badewanne taucht und wieder heraus zieht. Verzichten wir auf weitere geometrische Details! Man träumt davon.

Ich habe mal wieder einen Ort gefunden, zu dem es sich zu fahren lohnt. Und ich weiß, dass man hin und zurück kommt, ohne zu sterben. Am Ende sollte man sich mit einem Rotwein (am besten bei Mario und Rino) wieder auf Temperatur bringen. Und man sollte sich VOR dem Ausflug eine Karte kaufen, denn nach Sternen navigiert sich im Straßenverkehr schlecht.

Allmählich stellt sich eine gewisse Zufriedenheit mit der Entscheidung ein, nicht gleich nach Dakar aufzubrechen, sondern erst mal auf Mittelstrecke den Hintern ledern zu fahren. Die ersten 2,5 Tausend sind also im Kreis verlaufen, aber nach Herder sind wir nun alle eine Spiralwindung weiter auf der Erkenntnisskala. Zum Beispiel, was die Kettenspannung angeht, das richtige Entern und Verlassen von Schiffen und die Frage, was außer Zahnbürste ins Gepäck gehört.

Schlafsack vielleicht.