Treibgut im Zeitalter

Hör mal, sage ich und lege die Zeitschrift zur Seite: Bilde doch mal einen Satz aus den Wörtern gut - alt - Zeit! Entsprechend der Erwartung kommen in der Lösung auch die folgenden Wörter vor: war - alles - besser. Möglich wäre auch gewesen: gab - es - nie. Dazu noch ein paar Füllwörter. Die Sprache des Lebens.

Und überhaupt. Ich hebe die Zeitschrift wieder auf. Darin ist von der Pkw-Maut die Rede. Sie wird ein Fiasko. Man wird einen gewaltigen Verlust einfahren. Aber es wird auf der anderen Seite Entlastungen geben. Für diejenigen, die sich neue Autos kaufen. Die anderen werden bezahlen. Das sind diejenigen, die kein Geld für neue Autos haben.

Insgesamt legen alle drauf. Und die Wirtschaft wächst. Denn irgendwer wird ja die Kontrollsysteme bauen und fehlerhafte Software korrigieren. Das alles wird Milliarden Umsätze machen. Da reiben sich schon einige die Hände. Nur nicht die Betroffenen. Die überlegen sich, wohin sie flüchten können. Vor dem Hunger der Kommerzbestie.

Ich lege die Zeitschrift noch mal zur Seite. Was heißt Reiseweltmeister auf Deutsch? Also in verständlichen Worten. Früher, wo alles besser war, hätte man Flüchtling dazu gesagt. Heute ist das Wort anders belegt. Und wohin flüchtet man für gewöhnlich? Ins Mittelmeer, wo all die anderen Flüchtlinge sind. Auf Inseln vorzugsweise.

Mallorca zum Beispiel ist so ein sicheres Drittland. Da lässt sich gut sein. Denn auf Mallorca ist alles noch so wie früher. Da sitzt man unter Zitronenbäumen und atmet reine Natur. Zum überhaupt nicht überlaufenen Strand fährt man wie dazumal mit der historischen Straßenbahn und ... emm: Traumstrand. Tolles Wort.

Ich nehme die Zeitschrift wieder in die Hand. Dass man zum Traumstrand ganz ohne Auto fährt, wäre mir im Schlaf nicht eingefallen. Doch. Ganz und gar. Im Schlaf gibt es ja keine Autos, keine Maut, keinen Fortschritt. Da ist alles noch so wie in der guten alten Zeit. Besser. Nein, besser noch als besser: es ist gut.

Vielleicht sollte es Gesetze geben, um zu verbieten, dass Gutes gegen Besseres ersetzt werden darf?

Ganz besonders aufgrund der hinlänglichen Erfahrung, dass Besseres selten gut ist. Dabei fällt auf, denke ich und lege die Zeitschrift zur Seite, dass man sich eigentlich die Mühe gar nicht machen müsste. Denn wenn man einfach gar nichts tut, bleibt die alte Zeit auch gut. Das aber war jetzt nur eine spassige Pointe.

Retourkutsche. Für was ist die alte Zeitschrift noch gut? fragt sie, nimmt mir das Ding aus der Hand und stellt die Kaffeetasse drauf ab. Verblüfft sehe ich ihr nach. Und sie? Antwortet: Mein Satz mit gut - alt - Zeit. Wolltest du doch!