Camino de Sanabria

Puebla de Sanabria ist ein sehenswerter Ort am Zusammenfluss von Rio Castro und Rio Tera. Eine Festung beherrscht den Felszacken zwischen den Flüssen. Die Brücke über den Tera führt zum Fuß des Felsens, dann eine Treppe hinauf. Oben hat man einen herrlichen Ausblick, unter anderem auch in Richtung Stausee, zur Autobahn und zur Bahnstrecke hin. Der gesamte Ort wimmelt von Touristen. Auf einer der Aussichtsterrassen zum Abend zu essen, muss ein unvergessliches Erlebnis sein. Mir fallen die Kilometer leicht, also quere ich nach einer Tasse Kaffee den Ort und spaziere einen Feldweg am Castro entlang zum Camino zurück durch trockene Wiesen an bewaldeten Ufern vorbei durch eine Furt und schließlich nach Requejo. Die gesamte Strecke erschien mir kurz, obwohl am Ende doch 28 km zusammen kamen. Es lag wohl an den häufigen Unterbrechungen durch kleinere Ortschaften, niedliche Cafés und Pausen am Wegesrand. Störend wirkt sich nur aus, dass ich immer wieder Berechnungen im Kopf habe, wann ich wo sein könnte und ob ich es noch vor Monatsende nach Santiago schaffe, um mich für meine Arbeit vorbereiten zu können. Ab und zu tauchen auch noch die Wettkampfpilger in meinen Gedanken auf, dann muss ich durchatmen und mich an die gute alte Zeit erinnern, als ich noch einfach so vor mich hin gegangen bin.

Auch Requejo ist ein hübscher Ort. Ich habe mich in einem Hostal eingemietet. Die Herbergen und Hostals sind alle ähnlich ausgestattet. Zwischen einer freiwilligen Spende und zwanzig Euro bekommt man ein Bett in einem Schlafsaal mit Duschen und Toiletten am Gang. Meistens gibt es zum Bett eine Decke dazu, sodass man in kühleren Regionen keinen eigenen Schlafsack braucht. Man findet an nahezu allen Herbergen eine Gelegenheit, um Wäsche von Hand auszuwaschen und zum Trocknen aufzuhängen. Meistens steht ein Kühlschrank zur Verfügung, in dem man Wasser und Obst aufbewahren kann. Einige Herbergen bieten ein Frühstück an, das allerdings meistens aus nur Keksen und kaltem Kaffee besteht, den man in einer Mikrowelle aufwärmen muss. In wenigen Herbergen steht abends ein warmes Essen auf dem Tisch. Es ist seltene Ausnahme. Als Pilger hat man in den geöffneten Herbergen der Kommunen einen Anspruch auf Unterkunft, der sich allerdings auch nur auf genau eine Nacht erstreckt. Es bedeutet, dass man sich, soweit Herbergen geöffnet sind, darauf verlassen kann, dass man auch aufgenommen wird. Einmal funktionierte das nicht, und zwar in Cáceres. Dort wies man mich ab. Später erfuhr ich von Enrique, dass Cáceres in der Albergue Ukrainer einquartiert hatte.

Es ist nämlich heikel, wenn sich ein Wanderer auf einen Schlafplatz verlässt und dann keinen findet. Diese Erfahrung verunsichert enorm. Sie lässt dich den Nachmittag lang nicht los. Teils nimmt man sich nicht die Zeit, in Ruhe einen Kaffee zu genießen, weil man schon um vier die Unterkunft geklärt haben will. Einmal einquartiert, fällt dir dann ein Stein vom Herzen und du denkst, du könntest noch gut zwei Stunden gehen. Im Hinblick auf die Planung von Etappen bin ich inzwischen mit einigen Hilfsmitteln über Kreuz. So gibt es eine Reihe von Apps und Webseiten, die dabei helfen, auch Gedrucktes. Doch ist ein Teil der Materialien nicht aktuell. Es kommt vor, dass Herbergen längst geschlossen sind oder Raststellen nicht existieren, dass Telefonnummern nicht stimmen. Sind die Informationen allerdings aktuell, dann stellt sich die Frage, wie sie zu dir kommen. Einige Apps brauchen eine ständige Internetanbindung. Wenn sie unterwegs scouten, dann verbrauchen sie auch schnell viel Strom, was sie unzuverlässig macht.

Am Ende habe ich ein Buch, eine Webseite und drei Apps benutzt, von denen das Buch sehr schön und ansprechend ist, Wie orientiert man sich unterwegs und findet Herbergen?um abends darin zu schmökern, es ist allerdings alles andere als aktuell. Die Webseite besteht im Wesentlichen aus einem Artikel des Diario de Sevilla, in dem ein Journalist die Via de la Plata umfassend beschreibt. Der Artikel ist nicht mehr ganz aktuell und enthält viele Anachronismen. Von den drei Apps habe ich zumindest eine nicht richtig anwenden gelernt oder sie ist nicht für meine Ansprüche konzipiert. Es ist die Camino-Ninja-App. Ich kam mit ihr nicht zurecht. Eine zweite App heißt Buen Camino. Sie enthält alles notwendige, scheint aber sehr viel Strom zu ziehen, was mich dazu veranlasste, sie nur bei Entscheidungsfragen gezielt zu starten und dann wieder abzuschalten. Unter anderem zeigt sie klar und leicht verständlich in Google-Maps den Weg und die Einrichtungen an den Wegpunkten. Besonders gelungen erschien mir die App der Gronze. Es handelt sich um den Interessenverband der privaten Herbergsbetreiber an der Via de la Plata. Die App verfügt über alle nötigen Informationen und ist vor allem immer aktuell. Es sind auch alle kommunalen Herbergen aufgeführt, die dort verfügbaren Annehmlichkeiten und vor allem auch Preise. Vorsicht ist geboten bei Apps, die einen Buchungsbutton bei booking.com anbieten. Drückt man den Button, werden wahllos Angebote aufgerufen, die mit der gewählten Herberge nichts zu tun haben. Mir passierte es, dass ich in der Nähe von Puebla de Sanabria suchte und Hotels in Bulgarien auf dem Bildschirm hatte.

Es stellt sich immer die Frage, welche Kleidung man mit sich führen muss und was sonst noch so in den Rucksack gehört. Dazu existieren unterschiedliche Meinungen. Was braucht man an Ausrüstung?Von einem Paar Socken bis zur Vollausstattung habe ich schon einiges gelesen. Die beiden Italiener, Lucia und Marino, hatten alles notwendige dabei, um sich unterwegs Salate zuzubereiten, Teller, Messer und Gabeln. Andere werden sich ausschließlich in Restaurants verpflegen lassen. Ich habe ein Küchenmesser im Gepäck, um mir Wurst aufs Brot zu schneiden. Das reichte mir vollkommen. Meine Kleidung wurde mir anfangs zu viel. Man braucht nach meiner Erfahrung eine kurze und eine lange Hose, mehrere T-Shirts, Unterwäsche für einige Tage und drei Paar Socken, ein Handtuch und das nötigste für die Hygiene. Den Schlafsack habe ich in Salamanca ausgesondert. Jetzt, wo ich allmählich weiter nach Norden komme, denke ich darüber nach, mir ein Sweatshirt zu kaufen. Morgens ist es doch manchmal noch kühl. Besonders wichtig ist Hut oder Kappe. Den Stock brauche ich eigentlich nicht mehr. Mein Knie bessert sich rapide. Wasser allerdings sollte man immer ausreichend bei sich tragen. Wenn in der Extremadura ein Liter pro Stunde angemessen gewesen wären, reicht nach Galizien hin eine Flasche, die man einigermaßen aufgefüllt halten kann. Obst ist leider häufig heikel. Bananen wären ideal, nur lassen sie sich schlecht transportieren. Süßigkeiten sind katastrophal. Sie verkleben entweder schon im Rucksack, spätestens im Mund und Magen, ernähren aber kaum. Gaspacho ist für die Hitze ideal, jedoch weiter nach Norden wieder kaum das, worauf man sich in einer Pause freut. Manchmal hilft es, sich für unterwegs ein Baguette und Chorizo einzupacken. Über weite Strecken hatte ich auch schon eingeschweißten Schinken, den ich dann, gut durchgewalkt und abgehangen, in frisches Brot geschnitten habe. Besser ist es, vor Ort Tapas zu essen. Abends schmeckt mir am besten frischer Salat.