… endlich Galizien

Später sind dann noch Wander- und Radtouristen eingetroffen. Die Herberge war belebt. Und die Nacht wurde so kühl, dass ich Stunde für Stunde unter meiner Picknickdecke aufwachte und mir Bettzeug wünschte, Luxus wäre ein Schlafsack. Bei Gelegenheit sollte ich mir wieder einen zulegen, denn Galizien ist nicht die Extremadura. Ich wollte noch etwas zur Ausrüstung sagen. ... und was braucht man nichtAm Schreibtisch plant man gern die Dinge und kommt dann in Verlegenheit, wenn sich die Mitbringsel auf dem Weg als wenig nützlich erweisen. Wer trennt sich schon gern unterwegs von einem wasserdichten Sonnenhut mit Eignung zum Kochgeschirr, oder einem Messer mit zwanzig Funktionen oder einer thermoisolierten Wasserflasche? Solche Dinge sollte man gleich garnicht mitnehmen. Keine Solarlampen, Benzinfeuerzeuge, Brustbeutel, Fotowesten und sonstiges Outdoorequipment. Es ist auf dem Weg nur Belastung, bestenfalls nutzlos.

Mir haben einige Freunde beispielsweise Trinkflaschen angeboten. Man kann sie nicht auffüllen, sie sind zu klein und zu schwer. Besser ist es, in Supermärkten PET-Flaschen zu kaufen. Findet man Brunnen, füllt man sie nach. Aber wie steht man da, wenn die Freunde dich fragen, wie sich ihre Flasche bewährt hat, und du hast sie nach zwanzig Kilometern in einer Mülltonne versenkt? Mein größtes Handycap war das hier: iPad und Tastatur, um schreiben zu können. Das wiegt. Doch ohne diese Dinge hätte ich unterwegs nichts notiert und nicht posten können. Die Eindrücke bleiben nicht über Wochen lebendig haften. Ein Foto ist schnell geknipst, aber die Erfahrungen haben einen mehrfachen Wert.

Gerade bin ich wieder durch eine Ortschaft gelaufen, in der es keine Cafés gibt. Die Dorfeinwohner stritten darum, wer mir einen Kaffee aus der Küche bringt. Gewonnen hat schließlich der Herr, der meinte, ich bräuchte nur eins: ein kühles Bier. Da konnte ich nicht widersprechen. Auf Spanisch hätte ich sagen müssen: „Me mata“ - unkorrekt für „Das wird mich töten“. Ist fast auch passiert. Doch die letzten drei Kilometer hat die Konstitution dann noch mitgespielt. Ich habe nämlich meine Mütze in der Herberge vergessen und bin froh, dass die letzten sechs Wochen meinen Kopf auf die Sonne vorbereiten konnten.

Es ist Mittag, als ich A Gudiña erreiche und damit ein gutes Stück in Galizien bin. Kann mir eine neue Kappe kaufen, diesmal in Blau, einen Schlafsack vom singenden Einzelhändler des Ortes und ein Plato Combinado essen. Letzteres wird zum Abenteuer, denn die Kellnerin scheint aus Portugal zu stammen. Sie versteht kein Wort und ich nicht. Am Ende werden wir uns mit der Rechnung nach langem Hin und Her einig, indem sie einfach die Scheine in die Kasse schiebt und lächelt. Mathematik in zwei Sprachen. Die Herberge in A Gudiña jedenfalls ist gut durchorganisiert und edel strukturiert. Man kann hier alles, nur nicht nach zehn ins Haus oder bis nach acht morgens bleiben, rauchen oder trinken. Der Stall ist voll, was mich verunsichert, denn von hier aus müssen alle, die morgen starten, nach Laza und von dort dann weiter. Gerade begegnet mir auch einer der Wettkämpfer aus Tábara. Mit einer Monsteretappe von 42 km hat er sich wieder herangearbeitet. Die Zielgerade hier macht ehrlich keinen Spaß.