Monestério

Hier exakt das Gegenteil. Doch denkt man ohne eigene Erfahrung in der Sache, so schlimm könne es schließlich nicht sein. Ein bisschen Schatten, und alles sei gut. So ist es aber nicht.




Im Westen verglüht die Sonne überm Alentejo
Gerade brennt eine Hitzewelle herunter. Die Sonne glüht auf dem Asphalt, auf den Dächern, zwischen den Häusern. Zudem steht die Luft wie ein Gelee aus Gas, Aerosolen, Staub und Trockenheit. Man könnte meinen, man atme nicht, sondern beiße Stück für Stück an einem trockenen Keks. Das Atmen trocknet die Lungen, und bringt doch kaum Sauerstoff ins Blut. Der Organismus schaltet in einen Standby, in dem die Umwelt anders wahrgenommen wird als vorher. Bewegung, Handlung, Gespräch erscheinen bedeutungslos. Zuweilen wirkt es, als seinen sie Selbstzweck. Menschen, die in ihren klimatisierten Autos herumfahren, wirken ziellos, wenn man sie beobachtet. Als wollten sie nur das eine demonstrieren, nämlich nicht von der Hitze gelähmt zu sein. Im Café sitzen vier hübsche Frauen. Die Männer schwirren in ihren SUVs Dutzende Male um den Platz, ohne erkennen zu lassen, was sie zu ihren Handlungen treibt. Ab und zu sieht man auch mal ein Baufahrzeug kommen und gehen, weil um die Ecke eine Baufirma ist, doch sind die Fahrer am Steuer meist in einer Trance verfallen, die eine Wahrnehmung der Umwelt nicht zulässt.

Es ist vier Uhr am Nachmittag. Wer seine Kräfte nicht einzuteilen weiß, ist verloren. Doch jetzt ist der Moment, in dem man sich wahrnehmbar macht. Die Kellnerin im Café hat lächelnd zur Kenntnis genommen, dass ich vom Gin-Tonic auf Café con Leche wechsle. Ganz so hart sind die Gringos also doch nicht. 16:30 - mal sehen, wie die Tour de France heute ausgeht.

Als im XIII Jahrhundert die christliche Rückeroberung nördlich von Sevilla in vollem Gange war, tat sich vor allem ein König aus Leon besonders hervor. Es war Alfons IX. Er eroberte die gesamte Region, in der ich mich gerade befinde. Um die Gegend zu sichern, lud er Ritterorden ein, die er großzügig mit Rechten ausstattete und mit Ländereien belieh. Der wichtigste Orden scheint der der Beschützer des Jakobswegs zu sein. Die Caballeros de la ciudad de Cáceres, später Freyres de Santiago beherrschten die Via de la Plata über lange Zeit. Sie hinterließen Klöster, Burgen und Wehranlagen. Von einem dieser Wehrklöster hat Monesterio seinen Namen, das Städtchen, in dem ich gerade bin. Das Kloster (span.: monasterio) trägt den Namen Tentudía. Zehn Kilometer entfernt, thront es auf einem 1112 m hohen Hügel, von dem aus man den Pass nach Sevilla überblicken kann, und auf der anderen Seite weit in die Extremadura hinein. Ein schöner Spaziergang für den Samstag-Vormittag, und der Rückweg eine Tortour in der Sonne.