Extrem und Hart

Die Extremadura ist ein dünnbesiedeltes Gebiet. Im Vergleich mit anderen spanischen Regionen hat sie nur ein Viertel von deren Einwohnern bezogen auf seine Fläche. Sie wird im Süden von der Sierra Morena und im Norden vom Zentralmassiv begrenzt. Die abgeschlossene Lage und eine fortwährende Besiedlung seit dem Paläolithikum macht das Gebiet zu einem historisch sehr interessanten Schauplatz. Allerdings entwickelt sich seine Geschichte mit den vornehmlich sichtbaren Zeugnissen sehr stark unter den Römern, die hier gegen die Lusitanier zu Felde zogen und nach ihrem Sieg Mérida, die antike Emérita Augusta, unter Augustus zur Bastion ausbauten. Nach Mérida führte die Via de la Plata, auf der sich heute die Pilger bewegen. Doch schon zu römischen Zeiten hatte dieser Verkehrsweg eine herausragende Bedeutung, weshalb die Straße gut ausgebaut und noch heute namentlich bekannt für ihren Ausbauzustand war: die gepflasterte Straße verband Sevilla, Isbilia, und Santiponce mit Mérida. Auch die Araber, und vor ihnen natürlich die Westgoten haben hier ganz bedeutende Zeugnisse hinterlassen, die sich heute vor allem in den Städten wiederspiegeln. Auch Namen wie Medina de las Torres weisen auf diese Epoche hin. Zafra glänzt durch seinen maurischen Grundriss. Als die Reconquista begann, entwickelte sich entlang der Via de la Plata eine ausgeprägte strategische Dynamik, unterstützt auch und vor allem durch Kreuzzugsorden, aus denen später die Ritter des Santiagoordens hervorgegangen sind. Sie sicherten den Verkehrsweg für das christliche Vordringen nach Süden und später die Pilgerwege in der Gegenrichtung. Wenn man Señorios in der Umgebung findet, riesige Landgüter, gehen sie durchweg auf die Besitztümer der reichen Ritterorden zurück.

Die Extremadura ist aber durch ihre strategisch wertvolle Lage auch benachteiligt, was die landwirtschaftlichen Bedingungen angeht. Obwohl die Extremadura fruchtbar ist und vor allem im Norden zwei große Flüsse hat, den Tajo und den Guadiana, ist die Region trocken, weil sie von Hochland umrahmt wird. Die Sierra fängt der Extremadura den Regen weg. So verwundert es nicht, wenn Walter, der portugiesische Italiener in der Herberge witzelnd den Namen auflöst in extrem und dura, was extrem und hart bedeutet. Auch Sandra, die Wirtin in der Herberge, ist mit dem Klima zur Zeit nicht überglücklich, denn im alten Konvent darf nichts schattenspendendes gebaut, gepflanzt oder eingerichtet werden. Klimaanlagen sind selbstverständlich tabu. Man dürfe nicht einmal einen Nagel in die Wand schlagen, um ein Bild aufzuhängen. Das macht eine Hitzewelle, wie wir sie gegenwärtig erleben, mörderisch. Am Morgen um neun sind wir noch guter Dinge. Ein leichter Wind streicht durch das Gemäuer, das einstmals auf freiem Feld stand, heute geschluckt von der Innenstadt des knapp 17.000 Einwohner fassenden Pueblo. Die Burg, heute Parador, wurde im 15. Jahrhundert von den Herzögen von Feria erbaut und bildet durch seine Lage und imposante Gestalt eine Art Wahrzeichen der Stadt. Wenn es mit meinem Knie gutgeht, werde ich gleich mal den Weg nach Los Santos de Maimones gehen. Zu dem Zweck will ich das Gepäck an Ort und Stelle lassen. In dieser Richtung wartet ein Felszacken mit herrlicher Aussicht. Mal sehen, was die Temperaturen sagen.